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Heißt es bald: „Alles Leerstand in Wien?“ Ergebnisse der 2. Umfragerunde

Welche Folgen haben die Covid-19 Maßnahmen auf Wiener Gewerbeflächen, die von Einzel- und Kleinstunternehmen genutzt werden?  

Unter anderem diese Frage hat imGrätzl.at 108 Mieter*innen (vor allem Einzel- & Kleinstunternehmen) von Gewerbeflächen in Wien gestellt. Die zweite Runde der anonyme Umfrage lief vom 27.05.2020 bis zum 12.06.2020.

Finanzielle Situation

Wie steht es um die Einnahmen?
8% der Umfrageteilnehmer*innen haben keine finanziellen Einbußen, über 73 % haben seit März weniger Einnahmen und 17 % haben seit dem Lockdown gar keine Einnahmen mehr. 

Staatliche finanzielle Unterstützung
60% haben um finanzielle staatliche Unterstützung angesucht. Davon haben knapp 60 % eine positive Zusage erhalten, aber die finanzielle Unterstützung fiel geringer aus als benötigt. 28 % habe eine negative Zusage bekommen und bis jetzt keine Unterstützung erhalten. Knapp 14 % haben eine Unterstützung in ausreichender Höhe erhalten.

Die Mehrheit hat finanzielle Einbußen und wird durch die staatliche finanzielle Unterstützung nicht ausreichend abgefedert.

Räume halten (oder kündigen?)

In der ersten Gewerbeflächen Umfragerunde Anfang April waren es noch 74% der Umfrageteilnehmer*innen, die beabsichtigen ihre Gewerbeflächen zu halten, aktuell liegt der Wert bei 72%. 10% haben ihre Räume bereits gekündigt und 18% überlegen eine Kündigung.

Absprachen mit den Vermieter*innen
25 % der Umfrageteilnehmer*innen haben es versucht, aber konnten keine Absprache mit ihren Vermieter*innen über eine Mietreduktion bzw. Mietstundung treffen, die Anfrage wurde abgelehnt. 26 % der Umfrageteilnehmer*innen konnten mit ihren Vermieter*innen eine Mietreduktion vereinbaren und 7% eine Mietstundung. 42% haben es nicht versucht. 

Was es braucht: Derzeit ist es so, dass in letzter Konsequenz jeder Einzelfall vor Gericht gebracht werden muss, damit geprüft werden kann, ob eine Mietreduktion nach dem ABGB (§1096, §1104, §1105) rechtens ist und in welcher Höhe. Niemand möchte sich aber gerne mit seinen Vermieter*innen vor Gericht treffen. In dieser angespannten Situation ist kaum Energie vorhanden einen weiteren Schauplatz zu eröffnen. Deshalb werden im Moment viele Mieten hauptsächlich aus eigenen Rücklagen (30%) beglichen, die dann aber in Zukunft fehlen, wenn Kund*innen weiterhin ausbleiben und weitere Monate überbrückt werden müssen. Hier bräuchte es Unterstützung und eine offizielle Regelung für Mieter*innen und Vermieter*innen.

Wie die Miete für die Gewerbefläche aktuell bezahlt wird Knapp 30 % finanzieren ihre Gewerbefläche über eigene Rücklagen. 13 % tragen die finanzielle Last des Raumes nicht alleine, denn sie teilen ihre Gewerbefläche. Knapp 16 % gaben an, die Gewerbefläche über Mietstundung bzw. -reduktion sowie Kreditratenstundung zu finanzieren. 5 % decken mithilfe der staatlichen finanziellen Unterstützung ihre Miete. Knapp 23 % begleichen ihre Miete mithilfe aktueller Einnahmen.

Die Finanzierung gestaltet sich weiterhin schwierig: Nur wenige können ihre Miete mit aktuellen Einnahmen begleichen.

Home-Office als Ersatz für die Gewerbefläche?

Google Formulare-Antwortdiagramm. Titel der Frage: Kannst/Konntest du deine Tätigkeit vollständig im Homeoffice abwickeln? . Anzahl der Antworten: 108 Antworten.

Nur 13 % konnten ihrer Tätigkeit vollständig im Home-Office nachgehen. Bei 87 % ist dies nicht der Fall.

Wie umgehen mit der Situation? 

Einige legen ihr Gewerbe ruhend, andere suchen oder haben bereits Teilzeitanstellungen, viele greifen auf Rücklagen zurück, wieder andere versuchen ihre Fixkosten weiter zu minimieren und öffnen ihre Gewerbeflächen für Raumpartner*innen. Dazu gibt es auch Feedback: die Raumpartner*innen Suche für längerfristige Einmietungen ist gerade nicht ganz so einfach, da sich viele davor scheuen Verträge mit Bindungen abzuschließen. Flexiblere Mietmodelle kommen deshalb immer mehr zum Einsatz z.B. werden Räume nun auch stundenweise oder in 10er Blocks vergeben.

O-Töne: Welche Sorgen gibt es in Bezug auf die Gewerbefläche?

Es herrscht große Unsicherheit: Viele warten gerade auf Einnahmen, auf Unterstützung, auf Kund*innen, auf Raumpartner*innen und bangen, ob eine zweite Welle kommt.

… das Ausbleiben der Kund*innen und Einnahmen:

  • „Mit den Teilnehmerbeschränkungen schaffe ich gerade mal die Miete, mir bleibt nichts.“ 
  • „Die Einnahmen sind derzeit so gering, dass ich meine Fixkosten nicht decken kann, wenn das noch lange so bleibt. Derzeit komme ich noch mit meinen Rücklagen durch.“
  • „Dass aufgrund der aktuellen Situation zu wenig Umsatz lukriert wird, sodass ich mir bald die Fixkosten nicht mehr leisten kann (Rücklagen sind so gut wie aufgebraucht und ich habe seit März einen Umsatzverlust von etwa 78%)“
  • „Wenn dir Umsätze nicht wieder besser werden, kann ich mir den coworking space schlichtweg nicht leisten“ 
  • „Erstaunlicherweise klappt untervermieten auch während Krise gut. Meine Herausforderung liegt also mehr bei meinen Dienstleistungen.“
  • „Trotz Mietreduktion kann ich das Atelier nicht behalten wenn nicht sehr bald ein normaler Betrieb möglich ist“
  • „Die Meisten haben derzeit wenig Geld und das Interesse Kunst zu erwerben ist dadurch gesunken. Zum Arbeiten kann ich das Atelier weiterhin nutzen, aber Einnahmen sind keine zu erwarten…“

… die Sorge um Raumpartnerschaften:

  • „Ab jetzt muss ich wieder voll Miete zahlen, aber kaum jemand möchte sich einmieten. Die Situation ist noch zu unsicher.“
  • „Dass der Hauptmieter die Miete nicht mehr zahlen kann, die Vermieterin ist nicht bereit zur Reduktion.“
  • „Suchen neuen Untermieter – Angst durch die Situation keinen zu finden – und das Büro aufgeben zu müssen“ 
  • „Dass alle Raummitnutzende kündigen und ich die Praxis nicht halten kann“
  • „Ich hatte vor Covid 19 den Raum geteilt, allerdings sind diese Einnahmen nach Covid 19 weggefallen es wird finanziell sehr eng“
  • „Mein/unser Platz wird von Menschen ganz verschiedener kreativer Bereiche genutzt. Wir betreiben ihn gemeinsam, wo wir unserer Arbeit nachgehen und nebenbei einen Teil unserer Räumlichkeiten anbieten um Leuten die Möglichkeit zu geben, ihre Sachen zu präsentieren. Seien das Ausstellungen, Lesungen, Performances, Theater, Filmvorführungen,…Meine Sorgen bestehen darin, dieses wertvollen und kommunikativen Ort aufgrund der finanziellen Situation aufgeben zu müssen.“

… die Unsicherheit, wie sich die Situation entwickelt:

  • „Neben den finanziellen Problemen bleibt die Unsicherheit, wie sich die Auftragslage in den nächsten Monaten entwickelt.“
  • „Bei einer 2. Welle ist es aus“
  • „Einen zweiten Lockdown übersteh ich nicht so locker. Kann nur stark reduzierte Gruppen anbieten wegen Abstand, dadurch finanzielle Einbußen“
  • „Bisher wurde die Geschäftsraummiete sehr kulant reduziert, für April bis Juni. Unter diesen Voraussetzungen, mit (stark reduzierten) Umsätzen und Härtefallsfondszahlungen konnte ich mich finanziell über Wasser halten. Ab Juli ist aber wieder die volle Miete fällig und dann ist unsicher, ob die Zahlungen aus dem Härtefallfonds ausreichen, um die Miete weiterhin zahlen zu können.“
  • „Es ist schwierig nach so einem Schnitt wieder neu zu starten, da wir erst mit 07.01.2020 eröffnet hatten“
  • „Dass der Umsatzrückgang noch länger andauern wird (länger als 6 Monate) und sich finanzielle Engpässe erst später einstellen (wenn es keine staatliche Unterstützung mehr gibt).“
  • „Keine allzu großen. Die Miete ist überschaubar. Ein 2. Lockdown würde aber vieles wieder erschweren.“

… die Situation nach der Kündigung der Gewerbefläche:

  • „Das ich keinen Platz mehr für meine Werkstatt habe, wenn ich die jetzigen Flächen aufgeben muss.“
  • „Wir finden keine Untermieter und dadurch können wir den Raum nicht halten. Neuer Raum würde wieder ein enormer finanzieller Aufwand bedeuten!“
  • „Die Räume aufgeben zu müssen und nichts anderes in der Preisklasse zu bekommen“
  • „Es wird schwierig mein Unternehmen ohne Lokal weiterzuführen.“
  • „Zu hohe Fixkosten gegenüber unsicherem Einkommen – worst case: Verlust der Wohung und des Arbeitsraums darin zusätzlich zu den bereits gekündigten Praxisräumen“

Charakterisierung der Teilnehmenden

Knapp 70 % sind EPU, 11 % Kleinstunternehmen. Jeweils 6,5 % sind Künstler*innen bzw. Vereine. Jeweils unter 3 % sind KMU und “Neue Selbstständige”/”Freiberufliche”. Der Rest verteilt sich unter Sonstige.

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